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24. August 2022

Der Junge, der Fußball-Trainer werden wollte

Nie werde ich den Tag vergessen – ich war 13 Jahre alt –, als ich vor dem Fernseher saß und wie verzaubert war. Da war ein jungen Mann, so ungefähr 28 Jahre alt, der vor der Kamera berichtete, wie er Fußballtrainer geworden war. Er sein Fußballtrainer-Zertifikat von Fußball-Verband. Meine Liebe zum Fußball war damals riesig. Aber ich durfte nie mitspielen. Als ich den jungen Trainer im Fernsehen sah hatte ich plötzlich meine Rolle in dem Spiel gefunden.

Dünn wie ein Bleistift

In den Mannschaften bei uns zu Hause bekam ich nie eine Chance. Hätten wir damals in Ägypten in einer gesunden Atmosphäre Fußball gespielt, hätte das Talent des 13-jährigen Kindes sich entwickeln können. Aber dem war nicht so. Die Gründe waren vielfältig, es gab entmutigende Eltern, Mobbing in der Schule oder sogar die Unfähigkeit der Sportfunktionäre, mit Kindern umzugehen und sich um ihre Talente zu kümmern. Die Aufnahmeprüfungen, um in einem Fußballverein zu spielen, waren wie Aufnahmeprüfungen für einen Militärberuf. Das Wichtigste zu dieser Zeit war, stark und körperlich groß zu sein. Aber was ist mit einem Kind, das so dünn wie ein Bleistift ist? Meine Schulfreunde haben sich früher über mich lustig gemacht, weil ich aus ihrer Sicht kein guter Spieler war. Aber sie sagen immer: „Du verstehst das Spiel gut.“ Manchmal fragten sie mich, wie sie auf dem Platz eingesetzt werden und was ihnen fehlt, damit sie integriert werden. Also beschloss ich, Fußballtrainer zu lernen, und wenn ich nicht gut genug war um zu spielen, konnte ich lernen, das ganze Spiel zu kontrollieren.

Antrag auf Trainerlizenz

Als ich diesen jungen Mann damals im Fernsehen sah, beschloss ich, mich zu erkundigen, wie man sich für den Schulungskurs anmeldet. Ich habe die Mailadresse vom Fußballverband nachgeschlagen und ihnen eine Anfrage zur Anmeldung geschickt, und gefragt, wie hoch die Anmeldegebühr für den Kurs ist. Die Überraschung war, als ich eine Antwort von ihnen erhielt. Sie schickten mir eine Nachricht mit allen Details. Ich war sehr zufrieden. Der Traum konnte wahr werden. Aber das sollte noch eine ganze Weile dauern.

Neustart in Deutschland

Die Tage vergingen. Später ging es erstmal darum, nach Deutschland zu kommen, um zu studieren. Aber der Traum lebte in mir weiter. In Deutschland kann jeder in vielen Amateurvereinen Fußball spielen, und über den Verein kann man eine vom Deutschen Fußball-Bund genehmigte Ausbildungslizenz beantragen. Die habe ich auch gemacht. Ich habe mich beworben, um in einer der Amateurmannschaften zu spielen, und dann habe ich angefragt, ob es möglich sei, bei der Ausbildung einer der Juniorenmannschaften mitzuhelfen, und über den Verein habe ich die Mannschaft der U12-Jährigen trainiert. Und über den Verein habe ich einen Ausbildungsnachweis für Nachwuchsmannschaften beantragt. Es war eine tolle Herausforderung und hat Spaß gemacht. Du kannst aber auch ohne vorheriges Training in jedem Verein eine Trainingslizenz erwerben.

Konkrete Schritte

Auf der Seite des Deutschen Fußball-Bundes kann man sich direkt für eine der Ausbildungen zum zertifizierten Trainer des Deutschen Fußball-Bundes anmelden. Aber es hat auch Vorteile, wenn man die Lizenz über einen Verein erwirbt. Das ist  oft kostenlos oder kostet nur einen symbolischen Betrag. Und: Im Fußballverein kann man etwas erleben. Mein Vorschlag: Trainieren Sie in eine der Mannschaften – es gibt verschiedener Altersgruppen – und versuchen Sie, Ihre eigenen Methoden und Philosophien im Fußball anzuwenden, indem Sie Ihre Formation festlegen und die Bewegungen der Spieler auf dem Feld kontrollieren und diese Ideen in der Liga und bei Freundschaftsspielen anwenden. Dies ist auch ohne den Erwerb einer Ausbildungslizenz möglich. Wenn dein Traum so ist wie meiner, egal ob Fußball spielen oder trainieren, finde den nächsten Amateurverein in deiner Nähe und ergreife deine Chance, damit der zauber des Fußball sich entfalten kann.

Mohamed Hassanin ist Gastautor bei Amal. Er studiert Philosophie in Mainz.

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