Impfpflicht und Taliban-Talks – Was verbindet beide Themen?
26. Januar 2022

Impfpflicht und Taliban-Talks – Was verbindet beide Themen?

Heute debattiert der Bundestag über die Impfpflicht und wir debattieren mit. Die Frage, ob der Staat seinen Bürgern vorschreiben darf, sich impfen zu lassen oder nicht, ist auch in der arabischen, iranischen und afghanischen Community in Deutschland eine heiß diskutierte Frage. Heute haben wir sie zum Thema des Tages gemacht und verfolgen gespannt eine sehr kontroverse Debatte, in der strategische Überlegungen mit Gewissensentscheidungen abgewogen werden.

Hier ein Blick auf die ersten Reaktionen unserer arabischen Leser*innen in Berlin:

Der Erste sagt: „Die Impfung schützt nicht, sie ist unwirksam. Es ist eine schlechte und gefährliche Entscheidung“

Der Zweite sagt: „Zwang ist hier falsch. Es gibt keine Freiheit…etc…etc.“

Der Dritte sagt: „Man hätte schon gestern die Impfpflicht einführen sollen…etc…“.

Die Argumente ähneln denen, die heute im Bundestag vorgetragen werden. (Deswegen haben wir auch die Übersetzungen mit etc. abgekürzt). Verwundert Sie das? Vielleicht ein bisschen, denn viele der Amal-Leser*innen sind in Ländern aufgewachsen, in denen Impfen oft mit Zwang verbunden ist. Aber: Macht das Menschen eher bereit, einen solchen Zwang zu akzeptieren oder führt das dazu, dass sie Order von Oben eher kritisch sehen? Der Blick auf die Kommentare auf unserem Facebook zeigt, dass sich diese Frage nicht eindeutig beantworten lässt. Einen interessanten Blick auf das Thema hat Khalid Alaboud schon vor einiger Zeit in einem sehr persönlichen Stück geworfen: Er erinnert sich voller Grauen an die Impf-Tanten, die in seiner Jugend in Syrien alle Schulkinder immunisierten. Hier geht es zu seinem Text.

Noch so eine heikle Gewissensfrage…

Sehr ähnlich ist – und damit kommen wir zum Titel in der Subject-Zeile dieses Newsletters – die Debatte um die mysteriöse Gesprächsrunde, die derzeit in Oslo stattfindet. Auf Einladung der norwegischen Regierung sind hohe Vertreter der neuen afghanischen Regierung zu Gesprächen geladen. In der afghanischen Community in Deutschland wird darüber heftig diskutiert. „Während in Afghanistan den Frauen die letzten noch verbliebenen Freiheiten genommen werden, machen europäische Politiker die Taliban quasi hoffähig. Das ist eine sehr gefährliche Entwicklung“, so die Frauenrechtlerin Tahere Shams. Das Argument, dass die Taliban de Facto die Regierung von Afghanistan sind und es dringend notwendig ist, die notleidende Bevölkerung mit Hilfsgütern zu versorgen und deswegen Gespräche geführt werden müssen, lässt sie nicht gelten. Aora Helmzadeh hat mit ihr ein Interview geführt. Hier geht es zu ihrem Artikel auf Farsi.

Apropos Artikel und Afghanistan: Haben Sie auch gerade darüber nachgedacht, dass es dringend notwendig wäre, dass Ihre Zeitung einmal wieder über die Lage der Menschen in und aus Afghanistan berichtet? Was ist mit den Menschen, die bereits evakuiert wurden? Was mit denen, die gerade angekommen sind? Sprechen Sie uns an: Wir schreiben Ihnen gerne eine Reportage oder auch einen Kommentar zu Lage. Dabei können Sie sich aussuchen, ob der Artikel in der ersten oder in der dritten Person geschrieben sein soll. Exklusiv für ihr Medium und garantiert aus Amal-Sicht!

Den Foto-Credit für das Titelbild des Newsletters suchen Sie übrigens vergeblich: Es ist das Bild eines unbekannten Fotografen (oder war es doch eine Fotografin?), das auf Twitter gepostet und tausendfach retweetet und geteilt wurde. Was könnte besser das Gefühl illustrieren, das Tahere Shams in ihrem Interview beschreibt: Sie ersticken unsere Stimmen!

Bilder: Noah Ibrahim, Dawod Adil, Unsplash
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Amal, Berlin! berichtet auf Arabisch und Farsi/Dari über alles, was in Berlin wichtig ist. Gerne übersetzen wir einzelne Artikel auch ins Deutsche und stellen sie Redaktionen gegen Honorar zur Verfügung.

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