Ramadan und der Kollaps der TV-Serien Photo: Adnan Alaoda
13. Mai 2020

Ramadan und der Kollaps der TV-Serien

Es gibt sie noch, die guten Dinge. Ein richtiges Interview zum Beispiel, in dem kein einziges Mal das Wort mit dem großen C vorkommt. So zu lesen in dieser Woche auf Amal. Samer Masouh hat mit dem syrischen Drehbuch-Autor, Schriftsteller und Journalisten Adnan Alaoda gesprochen, der in Rotterdam im Exil lebt und häufig in Berlin zu Gast ist. Anlass war der Ramadan – traditionell die Zeit, wo die TV-Serien Hochkonjunktur haben. Aber das Genre sei in Syrien total kollabiert, sagt Aloada, es werden keine neuen Serien produziert, es gebe keine Autoren, Regisseure und Produzenten mehr im Land. Das kulturelle Leben habe sich ins Exil verlagert. Und vor allem nach Berlin. Adnan Alaoda reist oft und gerne in die deutsche Hauptstadt. Wie sich das anfühlt? Großartig. „Ungefähr so, wie wenn wir früher aus unserem Dorf in der Nähe von Raqqa nach Damaskus gereist sind.“

Yasmin Khalifa

Lernvideos für Eltern

Für arabische Eltern hat die Syrerin Yasmin Khalifa jetzt ein Video-Lernprogramm entwickelt: Damit sie den Kindern beim Home Schooling besser helfen können. Sie übersetzt die gängigen Aufgaben, die Kinder in der Grundschule lösen müssen, und zeigt die geforderten Lösungswege – auf Arabisch, so dass die Eltern an ihre eigene Schulbildung anknüpfen können und mit den Kindern zusammen dann üben. „Die Lehrer schicken die Hausaufgaben. Aber sie sagen nicht, wie man sie lösen kann… Das sollen wir Eltern dann leisten“: Klagen wie diese haben Yasmin Khalifa zu der Aktion inspiriert. Auf einer Facebook-Seite können Eltern die Fragen posten, an denen sie verzweifeln. So ist schon ein kleines soziales Netzwerk gewachsen. Asmaa Yousuf hat über das Projekt berichtet.

Schule oder nicht Schule?

Die Schule hat wieder angefangen, zumindest ein bisschen. Auch in der arabisch, iranischen und afghanischen Community gehen die Meinungen über diese Lockerungen sehr auseinander. Viel zu gefährlich? Allerhöchste Zeit? Abbas Al Deiri hat sich in Hamburg umgehört. Ein Vater ist sehr besorgt: Er glaubt nicht, dass die Jugendlichen ihr Verhalten genug kontrollieren können, um sich an die Corona-Regeln zu halten. Ein anderer erlebt, wie sich die Phantasien zu dem Virus bei seinen Kindern verselbständigen. „Es wird höchste Zeit, dass sie wieder in die Schule kommen“, sagt er. Dass jeweils nur wenige Kinder gleichzeitig im Raum sind, sei ein großer Vorteil der Corona-Regelungen, meint ein dritter. Es bleibe genug Zeit, dass alle Fragen stellen können und auch die langsameren Schüler den Stoff richtig durchdringen. Zu dem Artikel auf Arabisch geht es hier.

 

Eine Überdosis Krieg

 

Unser Autor Khalid Alaboud hat eine harte Woche hinter sich. Für seinen Artikel zum 8. Mai, dem Tag der Kapitulation vor 75 Jahren – hat er sich im Home Office durch die Mediatheken und Filmarchive geklickt und, wie er selbst sagt, eine Überdosis von Kriegsfilmen geschaut. Er wollte wissen, wie das war – damals, am Ende des Krieges. Er selbst ist vor dem Krieg aus Syrien geflohen. „Ich hatte das Gefühl, diese Geschichten alle schon einmal gehört zu haben“, schreibt er. „Es war, als wenn ich sie bis ins Detail schon durchlebt habe. Wenn die Deutschen jetzt von ihren Erinnerungen an den Krieg erzählen, dann sind da zeitgleich Kinder in Syrien, Yemen und Libyen, die ähnliches durchleben. Vielleicht gibt es im Detail Unterschiede – aber egal wo, Krieg ist immer dreckig.“ Besonders aufmerksam hat Khalid Alaboud immer dann hingehört, wenn Augenzeugen in den Dokumentarfilmen von der Zeit unmittelbar nach Kriegsende erzählten. Wie konnte es gelingen, auf den Trümmern eines Landes und einer Gesellschaft ein neues Leben zu beginnen? Der Blick auf den deutschen Wiederaufbau nach 1945 macht ihm Hoffnung. Er stärkte seine Vision für die Zukunft seines Landes. Eines Tages, schreibt er, werden auch in Syrien wieder die Rosen duften und die Kinder in Liebe, Frieden und Gerechtigkeit aufwachsen. Seinen Kommentar auf Arabisch finden Sie hier

Zu viel Gefühl

 

Oh war das schön im vergangenen Jahr im Ramadan, als auf der Sonnenallee in Berlin nach Anbruch der Nacht das Leben tobte und die Menschen sich trafen, um gemeinsam das Fasten zu brechen. Anas Khabir hat in seinem Archiv gegraben und aus vielen schönen Szenen eine Hommage an dieses Gefühl geschnitten. Als kleinen Trost für alle, die in diesen Tagen nur per Videoschalte gemeinsam feiern können. Das Video finden Sie hier.