Ja, Mama Merkel, wir haben es geschafft Photo: Dietrich Flechtner - EPD

Ja, Mama Merkel, wir haben es geschafft

„Wir schaffen das“ – bei diesem inzwischen rauf und runter zitierten Satz denken die meisten an Angela Merkel und die vielen Engagierten, die seit 2015 in den Kleiderkammern und Sprachkursen, Notunterkünften und Integrationskonferenzen aktiv sind. In deutschen Medien gibt es in diesen Wochen viele Interviews mit diesen Heldinnen und Helden. Auch aus der Politik hört man: Ja, wir haben es geschafft. Melanie Leonhard, Senatorin für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg, zum Beispiel verweist im Gespräch mit Amal-Reporter Abbas Al Deiri darauf, dass 22.000 der Geflüchteten in Hamburg inzwischen in Arbeit sind.

Der Schrecken der Geflüchteten

In einem sehr persönlichen Rückblick schaut Khalid Alaboud auf diese fünf Jahre. Er spannt den Bogen von den Umarmungen am Münchener Hauptbahnhof bis heute. Auf der einen Seite, schreibt er, war da „Mama Merkel“, die Hunderttausenden Hoffnung gab und ihnen half, mit ihren Familien in Sicherheit zu leben. Auf der anderen Seite war Horst Seehofer, der schon bald zum Schrecken der Geflüchteten wurde. Auch jetzt wieder, wo Städte wie Berlin bereit sind, Geflüchtete von den griechischen Inseln aufzunehmen, aber der Innenminister das verhindert. „Warum tun Sie das, Mr. Seehofer?“, fragt Khalid Alaboud. Er zitiert ein Sprichwort: „Man soll den Großzügigen nicht an der Großzügigkeit hindern.“ Wenn das Land Berlin bereit ist, an die offene Politik von 2015 anzuknüpfen und Menschen aufzunehmen um Leid zu lindern – warum stellt sich der Minister dem dann in den Weg? Zum Kommentar von Khalid Alaboud geht es hier. Wir übersetzen ihn gerne.

Rassismus wirft Schatten auf den Erfolg

In den Communities gibt es auch Zwischentöne anläßlich des Jubiläums. Der afghanische Filmemacher Ghafar Faizyar zum Beispiel spricht von Licht UND Schatten, von einem großen Schritt aber auch von vielen Hürden. Ghafar Faizyar hat selbst in der Flüchtlingshilfe mitgearbeitet, der kennt die Probleme der Menschen. Im Interview mit Amal-Reporter Jalal Hussaini sagt er: „Es fällt mir anbetrachts des alltäglichen Rassismus, der Übergriffe und der gerade wieder verschärften Gesetzeslage schwer, Merkels „Wir schaffen das“-Politik nur positiv zu sehen.“ Für Afghanen sei die Situation deutlich schwieriger aus zum Beispiel für Syrer. Immer noch werden 60 Prozent der Asylanträge von Afghanen erstmal abgelehnt und dann vor Gericht entschieden. „Diese Unsicherheit ist sehr deprimierend“, so Ghafar Faizyar.

Erfolg hat viele Eltern

Wie sehen die Betroffenen selbst die Lage? Haben sie es geschafft? Anas Khabir hat sich in der arabischen Community umgehört. Ganz vielfältig waren die Antworten, aber der Grundtenor war sehr positiv: Viele haben die Sprache gelernt und einen Ausbildungsplatz gefunden, ihre Zeugnisse anerkannt bekommen und sind optimistisch, dass ihre Kinder hier eine Zukunft haben. Zu der Umfrage geht es hier.

Mit 20 bist Du tot

Das arabische Filmfest in Berlin ist ein seit Jahren ein beliebter Treffpunkt für die arabische Community und die Berliner Filmfreunde. Eigentlich hätte es schon vor fünf Monaten stattfinden sollen. Jetzt endlich hat das Organisationsteam einen Weg gefunden, die Filme zu zeigen: Draußen ist es gerade noch warm genug fürs Freiluftkino, und drinnen in den Kinos hat man sich ein bisschen daran gewöhnt, Abstand zu halten. Gezeigt wird unter anderem Freedom Fields, ein Dokumentarfilm über drei Freundinnen und ihr Frauenfußballteam, die sich einen Platz in der libyschen Gesellschaft erkämpfen wollen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren begleitete die Filmemacherin Naziha Arebi ihre Protagonistinnen.

Eröffnet wurde das Festival gestern mit dem Film „You will die at 20“. Er erzählt vom jungen Muzamil (Mustafa Shehata), dem bei der Geburt ein Derwisch prophezeit, dass er mit 20 Jahren sterben wird. Fortan ist sein Leben vom Tod überschattet. Von der Last dieses Schicksals überfordert, verlässt der Vater Kind und Frau, die fortan in einem abgelegenen Dorf an den Ufern des Nils auf den Tod Muzamils wartet. Der Film von Amjad Abu Alaia wurde beim Filmfestival in Venedig als bestes Debut ausgezeichnet. Für alle, die gestern nicht dabei sein konnten: Der Film wird am 5. und am 27. September wiederholt. Das volle Programm der Arabischen Filmtage finden Sie hier, den Amal-Vorab-Bericht hier.

Klavierkonzert im Amal, Salon!

Diese Woche gibt es im Amal Salon was für die Ohren: Gastgeberin Aora Helmzadeh hat den serbischen Pianisten Boris Hadzija eingeladen. Er kam 2014 nach Berlin. Er ist in der Vergangenheit schon mit berühmten Musikerinnen wie Rita Kinka und Natasha Mitrovic aufgetreten. Im Salon präsentiert er klassische Werke. „Ihr werdet es lieben“, sagt Gastgeberin Aora Helmzadeh. Zu hören ist das Konzert am Donnerstag, den 3. September 2020 um 19 Uhr auf Facebook.

Fotos/Illustration: Photo: EPD / Dietrich Flechtner, MAKAN – Zentrum für arabische Filmkunst und Kultur e.V., Anas Khabir