Es war eine schreckliche Woche. Erst der Anschlag in Halle. Dann der Einmarsch der türksichen Armee im Norden von Syrien. Darum geht es, natürlich, auch hier. Aber wir bieten auch viel schöne Musik. Zum Trost, damit die Seele nicht in Düsternis versinkt.
Gift im politischen Klima
Zwei Tote in Halle. Was für ein Schock. Und wieder so einer der Momente, wo Amal wichtig ist. Schnell und fundiert haben wir auf Arabisch und Dari/Farsi berichtet, was passiert ist. Nach solchen Tagen schauen wir gerne hinter die Kulissen und gucken, ob diese Nachrichten die Zielgruppen auch erreichen. Auch diesmal sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Die Reichweite dieser Nachricht war doppelt so groß wie bei „normalen“ Meldungen.
In den Kommentaren sprachen viele unserer Leserinnen und Leser den Opfern ihr Mitgefühl aus und platzierten Emoticons mit Tränen in den Augen oder vor Wut rotem Gesicht. Tags darauf haben wir dann in längeren Beiträgen die Ereignisse eingeordnet. „Der Anschlag auf einen ist ein Anschlag auf alle“, schrieb Khalid Alaboud und begrüßte es, dass die Extinction Rebellion Proteste, die derzeit Berlin beschäftigen, kurzzeitig unterbrochen wurden, um dem Schock und der Trauer Raum zu geben. „Was nützt es, wenn die Luft, die wir atmen, von CO2 befreit ist – wenn das politische Klima vergiftet ist?“ Und Maryam Mardani kommentiert: „Wir dürfen nicht denken, dass bloß weil der Täter gefasst ist, das Problem nun auch gelöst ist. Rassistische und rechtsradikale Ideen hatten lange Zeit zu wachsen. Sie zu bekämpfen braucht Zeit und eine entsprechende Politik.“
Eine Welle der Solidarität
Wenige Stunden später dann der nächste Aufschrei. „Türkischer Truppen sind im Norden von Syrien einmarschiert!“ Diese Meldung kam nicht überraschend, das Säbelrasseln war zuvor ja deutlich gewesen. Doch hatten viele gehofft, dass es doch noch eine Lösung geben könnte. Innerhalb kürzester Zeit gab es die ersten Demonstrationen, in Hamburg, Berlin und anderswo gingen die Menschen auf die Straße. Amloud Alamir hat sich umgehört und erste Reaktionen aus der kurdischen und syrischen Community in Deutschland eingeholt. Auch diesen Artikel übersetzen wir gerne.
Ein neues kulturelles Damaskus
„Ich hoffe, dass Sie ihr Exilland Deutschland nicht nur als Verlust der eigenen Wurzeln begreifen, sondern vielleicht auch als Quelle der Inspiration und als Quelle der Hoffnung.“
Mit diesen Worten schloss Kulturstaatsministerin Monika Grütters ihre Rede zum 20jährigen Bestehen von Writers in Exile. Das Programm wird vom Pen-Zentrum Deutschland organisiert und von der Bundesregierung finanziert. Es ermöglicht geflüchteten Schriftstellerinnen und Schriftstellern über Stipendien einen Neustart in Deutschland. Monika Grütters stellte die neue Studie „Exil in der Bundesrepublik Deutschland“ der Universität Osnabrück vor. Sie hatte die Untersuchung Anfang 2019 in Auftrag gegeben, um ein genaueres Bild der Lebenssituation verfolgter Schriftstellerinnen und Schriftsteller im Exil zu erhalten. Berlin wird darin als Exilhauptstadt für arabische Intellektuelle beschrieben – als „ein neues kulturelles Damaskus“. Mutaz Enjila und Nilab Langar haben über den Empfang berichtet.
Der Herbst umarmt uns
Mit poetischen Worten bringt unser Autor Anas Khabir diese Zeit auf den Punkt. „Der Herbst hier umarmt uns mit vielen schönen Veranstaltungen“, sagt er. Sein persönliches Highlight in diesen Tagen waren die Arabischen Musiktage im Pierre Boulez Saal der Barenboim-Said-Akademie. Dort standen gleich mehrere berühmte Sängerinnen auf der Bühne: May Farouk aus Ägypten, Waed Bouhassoun aus Syrien und Farida mit dem Iraqi Maqam Ensemble. Im Schneideraum, bei der Arbeit an seinem Video, ließ Anas Khabir immer wieder die Musik einfach laut laufen und gab sich den großen Gefühlen hin, die darin geborgen sind. „Das hat mein Herz erwärmt“, sagt er. Den Organisatoren und Musikern ist es gelungen, die Musik des Orients für ein europäischen Publikum zugänglich zu machen, ohne dass die Kunst ihre Seele einbüßt.
Wie eine Mutter für alle
Noch mehr Musik: Der Musiker Ahmad Aeham war beim Berliner Begegnungschor zu Gast. Aeham ist berühmt geworden ist, weil er auf den Ruinen im Flüchtlingslager von Jarmuk am Klavier saß und mit seinen Melodien der Zerstörung getrotzt hat. Heute lebt er in Wiesbaden. Den Auftritt in Berlin hat er sichtlich genossen, so viele seiner Freunde und Weggefährten sind dort gelandet – und viele davon kamen, um ihn zusammen mit dem Begegnungschor zu hören. „Diese Stadt ist wie eine Mutter für uns alle“, sagte Ahmad Aeham.
Ferienzeit, Quengelzeit?
Es ist auch schon wieder Ferienzeit. Kürzlich traf Noorullah Rahmani einen befreundeten Vater. „Schon wieder schulfrei“, schimpfte der. „Und meine Kinder wollen verreisen!“ Gefühlt sei alle zwei Monate zwei Wochen frei, und er fühle sich dadurch massiv unter Druck. Denn natürlich reicht das Geld nicht, um alle Ferien irgendwo in fernen Ländern oder an deutschen Stränden zu verbringen. Andere Eltern zeigen durchaus Verständnis für das Prinzip Schulferien. „Ohne Pause das ganze Jahr über jeden Tag zur Schule zu gehen, würde die Kinder total langweilen“, sagt ein Vater. „Sie brauchen die Abwechslung – auch ohne Reisen.“
Palast der Tränen
Zu guter Letzt kommt hier noch die neue Folge der beliebten Mini Stories. Diesmal fahren Andreas und Khalid im kleinen roten Auto zum Tränenpalast. Sie reden über Mauern in den Köpfen und Checkpoints an den Straßen und über Menschen, die trotz aller Widrigkeiten Grenzen überwinden und öffnen.