Das Mutterland, der Geburtsort des Menschen ist moralisch und emotional wertvoll. Es verdient Respekt. Es ist der Boden, aus dem wir erwachsen. Es ist die Luft, die wir atmen. Manchmal ist sie voll Sauerstoff und gesund und wirkt belebend; manchmal ist sie von Rauch und Schießpulver verdreckt. In diesem Mutterland sind wir zur Welt gekommen. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns bis zum letzten Atemzug dort aufhalten müssen, wenn der Preis dafür wäre, unsere Fähigkeiten und unsere Kreativität zu begraben, weil die Bedingungen widrig sind.
Menschen sind immer schon zu Abenteuern aufgebrochen, und haben dabei große Entdeckungen gemacht und so den Lauf der Welt verändert. Die Grundfesten der modernen Welt beruhen auf solchen Abenteuern. Wenn ein Mensch innovative und kreative Ideen hat, wird er ziemlich wahrscheinlich aufbrechen, nahe und ferne Länder besuchen und deren natürliche und industrielle Möglichkeiten nutzen. Deswegen ergibt es Sinn, kosmopolitisch zu denken und die ganze Welt als Heimat der Menschen zu bezeichnen.
Ich glaube, dass man die Menschen nicht zur Treue zwingen kann, wenn sie ihr körperliches und geistiges Potenzial ausschöpfen sollen – nicht zur Treue zu einem Land, einer Sprache oder einem Volk. Jede Ecke in dieser Welt, wo der Mensch seinen Frieden und sein Wohl findet und wo es ihm oder ihr möglich ist, Entdeckungen zu machen und Lösungen zu finden, kann man Heimat nennen.
Um dies zu belegen, könnte ich Tausende von besonderen und konstruktiven Entwicklungen anführen, die von Menschen auf den Weg gebracht wurden, die außerhalb ihres Mutterlands lebten – von Menschen, die ausgewandert sind, und die neue Prozesse und Mechanismen entdeckt haben, um Krisen zu bewältigen und Lösungen zu finden.
Wenn man genauer hinschaut, wird jeder Ort, an dem der Mensch seine Ideale erreicht, zur Heimat – und nicht nur der Ort, an dem man geboren ist.
Die Texte entstanden als Kooperation zwischen Amal, Hamburg, der Körber-Stiftung und dem Hamburger Abendblatt